In das Grimmsche Märchen von der Gänsemagd und ihrem sprechenden Pferd Falada hat sich nicht nur Heinrich Heine verliebt, sondern auch ein paar Regisseure von Märchenfilmen.

„Der Gänsemagd“: Illustration von Heinrich Vogeler (um 1900)
Poetisch auch deshalb, weil darin gereimte Sprüche dem Happyend auf die Sprünge helfen: Eine Königstochter reist zu einem fremden Königssohn, mit dem sie verheiratet werden soll. Ein sprechendes Pferd, das auf den Namen Falada (aus dem Arabischen = Omen, Prophezeiung) hört, und eine Kammerjungfer begleiten die Prinzessin. Auf der Reise zwingt die Magd die Königstochter, die Rollen zu tauschen: Die Magd wird zur Prinzessin. Die Prinzessin wird zur Magd – und muss schwören, nichts zu verraten.
Szenen für Märchenfilme an Außenschauplätzen gedreht

Filmplakat: „Die Gänsemagd“ (1957, Fritz Genschow)
Das Märchen über eine „der poetischsten Heldinnen der Grimms“ (Diederichs), deren Haare zudem aus Gold sind und Zauberkräfte besitzen, wird bisher viermal in Deutschland verfilmt. Die abenteuerliche Reise der beiden Mädchen ins andere Königreich oder die Szenen, in denen die Gänsemagd zusammen mit Gänsejunge Kürdchen auf der Wiese die Herde hütet, sind wohl zwei Gründe, dass das Märchen vor allem an Außenschauplätzen fürs Kino adaptiert wird und nicht nur in Studiokulissen.
Schlosspark Charlottenburg und Glienicke: Sightseeing in Agfacolor

Schlosspark Charlottenburg / Foto: meyertobi / pixelio.de

Greifen- oder Johannitertor / Foto: Andreas F. E. Bernhard / Wikimedia Commons
Film: „Die Gänsemagd“ (1957, R: Fritz Genschow, BRD). Ist auf VHS/DVD erschienen.
Drehort: Berlin, u. a.
- Schlosspark Glienicke, Königstraße 36, 14109 Berlin: Johannitertor, auch Greifentor
- Schlosspark Charlottenburg, Spandauer Damm 20–24, 14059 Berlin: Hohe Brücke, auch: Schlossbrücke; vorderer Teil des Barockgartens
- Schloss Charlottenburg (Rückseite zum Park)
- Villa Monheim, Inselstraße 5, 14129 Berlin: Szenen aus „Dornröschen“ (1955, R: Fritz Genschow) werden auch für die Hochzeit in „Die Gänsemagd“ verwendet
- Dorfkirche Marienfelde, Alt-Marienfelde, 12277 Berlin: Westturm, Eingangsportal
Hamburg-Wandsbek/Studio Hamburg: Märchenwelt entsteht im Atelier
In den 1970er-Jahren entsteht im Auftrag des Schweizer Fernsehens für die deutsche und rätoromanische Schweiz (SF DRS) eine Reihe von TV-Märchenfilmen. Daran ist auch die deutsche Ullstein AV Produktions- und Vertriebs GmbH mit Sitz in Berlin beteiligt. Gedreht wird in den Ateliers von Studio Hamburg, das zum Norddeutschen Rundfunk (NDR) gehört. Die Koproduktionen werden von Rudolf Jugert in Szene setzt. Der Regisseur beginnt bereits in den 1940er-Jahren an der Seite von Helmut Käutner als Assistent und steigt später zu einem der produktivsten westdeutschen Spielleiter auf.
Ab 1971 verfilmt er sieben Grimmsche Märchen. Die Qualität einiger dieser Filme erinnert heute ein wenig an B-Movies, d. h. zweitklassigen Filmen, die mit wenig Geld gedreht sind. In „Die Gänsemagd“ fällt zudem auf, dass der Film zwischen Märchen- und Erotik-Genre pendelt, wenn die Prinzessin (Alena Penz) in einer Nacktszene zu sehen ist. Die Schauspielerin startet später folgerichtig eine Karriere als Erotik-Filmstar. Es scheint, dass Jugert neue Möglichkeiten des Märchenfilms ausloten möchte, die sich jenseits von kindertümlichen Verfilmungen der 1950er- und 1960er-Jahre bewegen. Gerade das macht seine Märchenproduktionen ungewöhnlich anders.
Film: „Die Gänsemagd“ (1971, R: Rudolf Jugert, BRD/CH). Ist auf VHS erschienen.
Drehort: Studio Hamburg GmbH, Jenfelder Allee 80, 22039 Hamburg
Burg Falkenstein/Harz und Burg Schönfels: Zurück ins Mittelalter (Teil 1)

Burg Schönfels / Foto: Dagmar Flehmig / pixelio.de

Burg Falkenstein / Foto: Jörg-W. Biester / pixelio.de
Film: „Die Geschichte von der Gänseprinzessin und ihrem treuen Pferd Falada“ (1988, R: Konrad Petzold, DDR). Ist auf VHS/DVD erschienen.
Drehorte:
- Burg Falkenstein, 06543 Falkenstein/ Harz OT Pansfelde
- Burg Schönfels, Burgstraße 34, 08115 Lichtentanne
Burg Kronberg/Taunus und Burg Ronneburg: Zurück ins Mittelalter (Teil 2)

Burg Kronberg/Taunus / Foto: Johannes Robalotoff / Wikimedia Commons

Burg Ronneburg / Foto: Rolf Krekeler / pixelio.de
Film: „Die Gänsemagd“ (2009, R: Sibylle Tafel, BRD). Ist auf DVD erschienen.
Drehorte:
- Burg Kronberg, Schlossstraße 10/12, 61476 Kronberg
- Burg Ronneburg, 63549 Ronneburg
- Büdinger Wald, Wetterau- und Main-Kinzig-Kreis, Hessen
Literatur:
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Stuttgart, 1980
- Diederichs, Ulf: Who’s who im Märchen. Düsseldorf, 2006
- Heine, Heinrich: Im Anfang war die Nachtigall. Aus Lyrik und Prosa. Berlin, 1964
Headerfoto: Karoline Herfurth als Prinzessin Elisabeth in „Die Gänsemagd“ (2009), Foto: HR/Felix Holland